03.02.2024 | Klassiker

Retro-Roadmovie für den Kopf. In der Hauptrolle: der Ford Fiesta "Mk I"

... Denn diese Neuheiten werden während ihrer Entwicklung häufig mit kryptischen Bezeichnungen versehen, von denen sich besagte Presse gerne zu gewagten Spekulationen inspirieren lässt. Wie 1975, als ein geheimnisvolles Wesen namens „Bobcat“ durch den nachrichtlichen Blätterwald geisterte. Das, raunten vermeintliche Insider, sei der Name des neuen Kleinwagens von Ford, dessen Premiere 1976 steigen soll. Ein besonders fantasiebegabtes Blatt glaube sogar zu wissen, wer der Namensspen­der sei: Der Amerikaner Robert „Bob“ A. Lutz, seinerzeit deutscher Ford-Vorstand …

Doch gefehlt! Nicht Bob Lutz verhalf dem zukünftigen Ford-Mini zu seinem Pseudonym. Es war eine amerikanische Wildkatze, der stummelschwänzige Rotluchs, um genau zu sein. Eine Ford-Pressemitteilung von Mai 1975 klärte auf: Rund 30.000 „Brenda“ wurden im ersten Quartal dieses Jahres verkauft, der sportliche „Diana“ setzt die Erfolgserie seines Vorgängers „Colt“ fort, der „Redcap“ hat längst seine Robustheit bewiesen, und der „TC“, der seinerzeit den „Hummer“ ablöste, wurde zum Dauerbrenner an der Verkaufsfront. Diese Autos sind keineswegs rare Exoten, sondern Ford-Modelle, die längst zum Straßenbild gehören. Brenda, das ist der neue Escort, Colt und Diana sind Capri I und II, hinter Redcap verbirgt sich der Transit, Hummer war der 17/20 M und TC der Taunus. So hat denn auch der neueste Codename „Bobcat“ für den Ford-Mini nichts mit Robert "Bob" Lutz zu tun. Wie der am Ende wirklich heißen wird, bleibt vorerst Fords Geheimnis.

Erst am 18. Dezember 1975 gab Ford auf einer Pressekonferenz in Detroit des Rätsels Lösung bekannt, und das durch niemand Geringeren als Henry Ford II himself: Ford Kleinster wird "Fiesta" heißen!

Dessen Entwicklung hatte allerdings zum größten Teil in Köln stattgefunden und die für damalige Verhältnisse enorme Summe von 112 Millionen DM verschlungen. Allerdings mit überzeugendem Resultat: Der sympathische Zwerg mit Quermotor, Frontantrieb und Heckklappe sollte von der Kundschaft überaus freundlich aufgenommen werden und schnell zur festen Größe in einem Revier werden, wo bislang namhafte Konkurrenten vom Schlage eines Renault 5 und VW Polo nach der Kundenknete schnappten.

1976: Der Frischling macht Furore

Die steile Karriere des Kölschen Frischlings begann im Sommer 1976 mit drei Motoren. Den Einstieg bildete eine 1,0-Liter-Variante mit 40 PS, die für wohlfeile 8.440 DM in der Preisliste stand. Darüber rangierten eine weitere Einliter-Ausführung mit 45 PS sowie eine 53 PS starke 1,1-Liter-Version, die gleichzeitig in der Topausstattung „Ghia“ mit 10.995 DM das obere Ende der Preisskala markierte.

Mit innovativen Technologien demonstrierte Fords Kleinster, dass auch bei Automobilen wahre Größe keine Frage der Abmessungen sein muss. Zum Beispiel mit einem exzellenten Crashverhalten, bei dessen Entwicklung die Ford-Ingenieure bereits ausgefeilte Computer-Simulationsprogramme eingesetzt hatten. Bemerkenswert auch ein Kühlergrill, dessen Lamellen nach dem Tragflächenprinzip arbeiteten: Bei niedriger Geschwindigkeit ließen sie die Luft einströmen, bei hohem Tempo dagegen wurde ein Großteil des Fahrtwindes über die Wagenfront abgeleitet. Dieses Ford-Patent war für ein weiteres Technik-Highlight mit verantwortlich: Mit cw = 0,42 konnte der Fiesta den besten Luftwiderstandsbeiwert des gesamten Kleinwagensegments vorweisen; was wiederum dazu beitrug, dass er sich dank seines bescheidenen Kraftstoffkonsums auch als Diätkünstler beliebt machte.

Der Antrieb des Fiesta auf die Vorderräder erfolgte über eine Achskonstruktion, die der Ford-Ingenieur und spätere Vizepräsident der Ford Motor Company, Mr. Earle S. McPherson, 1949 zum Patent angemeldet hatte. Die Hinterachse in Panhard-Schraubenfeder-Bauweise (Pressetext: Weil der Fiesta ein Fronttriebler ist, braucht die Hinterachse nur hinterherzulaufen) verfügte über eine neuentwickelte Bremsmomentabstützung. Sportlich ambitionierten Fahrern bot sich als Querkraft-resistenter Weggefährte der Fiesta "S" mit gestraffter Federung plus vorderem Stabi an. Auch eine Sicherheitsfrontscheibe, Automatikgurte vorn mit versenkbarer Aufrollmechanik und eine heizbare Heckscheibe zählten schon in der ersten Modellgeneration zur Serienausstattung. Darüber hinaus hielt die Optionsliste ein schickes Detail bereit, das, so Ford, auch größere Nobelwagen fein herausputzen würde: transparente Sonnen-Hubdächer.

Auch sonst hielt die Presseabteilung mit den Vorzügen des Ford-Pfläumlings nicht hinter dem Berg: Dass der Fiesta mit 700 Kilogramm zu den Leichtgewichten unter den Kleinen zählt, mit 1,2 Kubikmetern den größten Laderaum, die beste Rundumsicht und das günstigste aerodynamische Design seiner Klasse besitzt, schafft ihm in Mini-Kreisen Wettbewerbsvorteile. Da das neue Automobilformat auch Autokäufer und Fachleute begeisterte, waren Auszeichnungen die logische Folge. Kaum auf der Straße, durfte sich der pfiffige Kölner zwar nicht die Nase, immerhin aber den Volant vergolden lassen: In der Wertungsklasse bis 10.000 DM bekam er das von „Bild am Sonntag“ erstmals ausgelobte „Goldene Lenkrad 1976“ zugesprochen. Zu dieser für Ford erfreulichen Entscheidung kamen achtzehn internationale Fachjournalisten, darunter der legendäre ZDF-Autotester Rainer Günzler (BamS: … weiß sofort, was mit einem Auto los ist, wenn er es durch die Kurven schwenkt …), ferner AvD-Präsident Paul Fürst von Metternich und die mit allen Pistenwassern gewaschenen Profi-Racer Rolf Stommelen und Hans Stuck.

Stimmberechtigt war auch die Verbraucherseite. Und zwar in Person von Gretel Gantner, Gewinnerin des "Damenpokals des Verkehrsministers". Die ausgesprochen fahraktive Hausfrau hatte in diversen Geschicklichkeitswettbewerben männlichen Mitbewerbern wiederholt gezeigt, was eine fahrerische Harke ist. (BamS: Hart, aber weiblich). Der Fiesta, ein Frauenversteher.

1977: Marathon für einen guten Zweck

„Ich wünsche diesem Ford Fiesta ein besonders langes Leben“, verabschiedete am 26. Januar 1977 Dr. Mildred Scheel, Gattin des deutschen Bundespräsidenten, den signalgelben Kompaktwagen, der vom Produktionsstandort Saarlouis aus einen außergewöhnlichen Rekordversuch unter die Räder nahm. In einer Nonstop-Autobahnfahrt im Dreieck Köln-München-Hamburg sollte das gänzlich unpräparierte Serienmodell im Zeitraffer demonstrieren, wie langlebig und robust ein Kleinwagen seines Zuschnitts ist. Erklärtes Ziel war das Überschreiten der 300.000-Kilometer-Grenze in möglichst kurzer Zeit, unterbrochen lediglich von fälligen Inspektionen, Tankstopps sowie Reifen- und Fahrerwechseln. An außergewöhnlichen Extras verfügte der Dauerläufer lediglich über ein „computerisiertes Autotelefon“, ein Diktiergerät zur Protokollierung von Fahreindrücken sowie ein Durchflussmessgerät, das den Spritverbrauch präzise erfasste. Eine Digitalanzeige im Heckfenster verriet in zwölf Zentimeter großen Leuchtbuchstaben den aktuellen Kilometerstand.

Am Steuer des Probanden saßen Piloten, deren Befindlichkeit fortlaufend medizinisch betreut und wissenschaftlich ausgewertet wurde. Unterstützung erhielten sie von prominenten Mitfahrern aus Politik, Wirtschaft, Kunst und Sport, unter ihnen "Ihre kaiserliche Fußballhoheit" Franz Beckenbauer, der gleich beim Start zustieg. Für die mobile „Ohr am Rohr“-Kommunikation (damals noch ohne drohendes Bußgeld) sorgte ein System von TeKaDe mit beleuchtetem Ziffernfeld, Zehnfach-Rufnummernspeicher und Wahlwiederholung. Den guten Ton brachte Blaupunkt mit seinem damaligen Spitzengerät „Berlin Electronic“ ins Auto, ... wir erinnern uns wehmütig: hippes Schwanenhals-Bedienteil, elektronischer Sendersuchlauf, ARI-Verkehrslotsensystem, Stereo-Kassettenteil. Entertainment vom Feinsten.

Als der Marathon nach 131 Tagen und Nächten, 301.741 Kilometern, einem Durchschnittsverbrauch von 7,2 Litern und einem Tempomittel von 106 km/h beendet war, hatte der Fiesta seine Besatzungen nur zweimal zu ungeplanten Zwischenstopps genötigt. Bei Kilometer 169.497 mussten das kollabierte Differenzial und ein undichter Getriebe-Simmerring erneuert werden, in einer späteren ambulanten Operation wurde dem Motor ein neues Auslassventil implantiert.

1978: Freiheit, Freizeit, Freude

Auch zwei Jahre nach seinem Marktdebüt hat der ausgewiesene Liebling des (auto)fahrenden Volkes nichts von seiner Attraktivität verloren, wie stabile Verkaufszahlen und zwei wichtige Auszeichnungen zeigten. Eine davon sogar aus königlicher Hand: Prinzgemahl Philip, Ehemann von Queen Elizabeth II, überreichte der Ford-Gesandtschaft den Preis des britischen "Design Council". Das Expertengremium aus Ingenieuren und Designern würdigte damit den „beispielhaften Beitrag des Fiesta zur Reduzierung von Betriebs- und  Wartungskosten“. Einen sauber ausgeführten Hofknicks war das allemal wert, mindestens.

Die Mehrheit der rund 19.000 Teilnehmer des Leserwettbewerbs „Auto der Vernunft“, den das Fachmagazin „mot“ 1977 erstmals ausgerichtet hatte, teilte diese Einschätzung: Eine Zustimmungsquote von 31,63 Prozent bedeutete den Sieg. Vernunftkriterien wie Kaufpreis, Verbrauch, Betriebskosten und der Wiederverkaufswert waren es vor allem, die den Fiesta zum Favoritender „mot“-Leser und zum Bezwinger des fast gleich starken VW Polo machten. Beim Auto sei die Vernunft keine knochentrockene Angelegenheit, so die Redaktion, schließlich sei der fahrbare Untersatz kein Mixer oder Staubsauger. Es handle sich um ein Stück Freiheit, ein Stück Freizeit und damit – über den zweckgebundenen Gebrauchswert hinaus – ein Stück Freude. Ein herzerfrischendes Statement, das zeigt, wie sonnig vor 44 Jahren das Autoklima in Deutschland noch war.

Die Preiskategorie dagegen besaß schon damals Nostalgiewert. Dass immer noch Autos auf dem Markt sind, die weniger als 9.000 DM kosten, ist erfreulich für knappe Kassen, resümierte „mot“. Dass es sehr respektable – vernünftige – Autos sind, ist beruhigend.

1979: Millionär und Sportstar

Innerhalb nur eines Monats erst zum Millionär aufsteigen und dann noch auf der großen Sportbühne auftreten: Das Jahr 1979 hatte es wahrhaftig in sich, für den Fiesta und für seine Konkurrenten. So war es dem Hitlisten-Senkrechtstarter am 9. Januar vergönnt, nach nur 31 Monaten und 29 Tagen eine siebenstellige Produktionszahl auszuweisen. Kein anderes europäisches Auto hatte es bis zu diesem Zeitpunkt geschafft, die erste Million in derart kurzer Zeit vollzumachen. Selbst der legendäre VW Käfer hatte dafür zehn Jahre krabbeln müssen.

Ein weiterer Ausnahmetag war der 20. Januar. Da zentrierte sich die Motorsportwelt im hessischen Bad Homburg, dem Startort der Rallye Monte Carlo. Mit dabei: ein Ford Fiesta, an dessen Volant niemand Geringerer performte als der Finne Ari Vatanen, laut Definition der "Auto Zeitung" Spezialist für schnell zu bewegende Kraftfahrzeuge auf Landstraßen allerletzter Ordnung. Die Ford-Motorsportabteilung in Köln hatte den Wettbewerbs-Fiesta trotz der knapp bemessenen Zeit professionell aufgebaut. Am Ende der Bemühungen stand ein "Fiestissima" mit 800 Kilogramm Kampfgewicht, Weber-Doppelflachstromvergasern, Transistorzündung und Trockensumpfschmierung. Für konkurrenzfähigen Speed sorgte ein 155 PS starker 1,6-Liter-Motor, der sich selbst von einer untenliegenden Nockenwelle nicht hindern ließ, sein Werk bei höhenrauschverdächtigen 7.250 Touren zu verrichten. Eine Differenzialsperre mit mechanisch-hydraulischer Wirkungsweise lieferte entscheidende Traktionsreserven, mit denen der Rallyezwerg schlussendlich auf einem sensationellen 10. Platz der Gesamtwertung einflog.

Wenigstens einen Hauch von Monte auf öffentlichen Straßen vermittelte später ein Tuningkit, das sportlich ambitionierte Fiesta-Lenker bei den Ford RS-Händlern ordern konnten. Als Basis diente das ursprünglich 66 PS starke 1,3-Liter-Modell, das dank einer Register-Doppelvergaseranlage von Weber sowie geändertem Abgaskrümmer und Vorschalldämpfer 75 PS mobilisierte. Ein Tieferlegungssatz, spezielle Zugstreben sowie Sportbremsbeläge rundeten den Auftritt ab. Trotz solcher Stipvisten in die lustbetonte Zone blieb der Fiesta im Wesenskern aber ein Braver. So ließen es sich die Leser von „mot“ auch nicht nehmen, ihn wie im Vorjahr zum „Auto der Vernunft“ zu küren.

1980: Fit für Schotter, Straße und Showbühne

Ein Jahr des Wettbewerbs für den Fiesta, an der Verkaufsfront ebenso wie auf sportlichem Parkett. Ermutigt durch den starken Auftritt bei der ´79-er Rallye Monte Carlo, setzte man den kleinen Beißer im Gruppe 2-Trim auf die "Deutsche Rallyemeisterschaft" in der 1,6-Liter-Klasse an. Seine Gegner waren weiß Gott nicht von Pappe, darunter zwei Werks-Audi GTE, von den Rallyeprofis Harald Demuth und Walter Smolej fachkundig pilotiert. Die Betreuung des Einsatzes oblag dem Bonner Ford RS-Händler Hoffarth, am Lenkrad kurbelte – unter wohlwollender Beobachtung des damaligen Ford-Motorsportchefs Michael Kranefuß – der fünfundzwanzigjährige BWL-Student Michael Werner. 

Auch wenn auf dem Rundstreckenparkett zur Damenwahl gerufen wurde, war der Fiesta ein willkommener Tanzpartner. So 1980, als sich das Wormser Fotomodell Lili Reisenbichler zu diesem Zweck mit ihm verbandelte. Mit einem 96 PS starken Fiesta 1,1 X nach Gruppe 1b-Reglement trat sie an, das Männerfeld auch "außersinnlich" mal richtig aufzumischen. Mit Erfolg. Das Auftaktrennen auf der Berliner Avus beendete sie gleich mal auf Platz drei, was die Redegewandtheit manches düpierten Brusthaarträgers auf rudimentärsprachliche Laute der Kategorie „ähem, naja, hmm“ herunterdimmte.

Als wackerer Renner erwies sich Fords Kleinster auch im übertragenen Sinn. Mit 12.137 Neuzulassungen im Juni 1980 – über fünftausend Einheiten mehr als der nächste Mitbewerber – erzielte er im damaligen Bundesgebiet einen Rekord-Marktanteil von 5,8 Prozent. Womit er in der Halbjahresbilanz mit 56.432 Einheiten zum erfolgreichsten Ford-Modell jener Tage avancierte.

1981: Läuft ... und läuft ... und läuft

Einen weiteren Feiertag in der Fiesta-Vita markierte der 25. März 1981. Daniel Goeudevert, mit 38 Jahren jüngster Chef eines Automobilunternehmens in Deutschland, fuhr ein weißes „Ghia“-Modell vom Produktionsband in Saarlouis. Es war der zweimillionste Fiesta, nur 58 Monaten und 15 Tagen nach Produktionsbeginn! Womit er sämtliche bis dahin gültigen Fertigungsrekorde europäischer Ford-Modelle gebrochen hatte. Der Fiesta sei nicht nur Marktführer in seiner Klasse (Neuzulassungen 1980: 87.900 Einheiten), meldete die Ford PR-Abteilung, sondern auch eines der sparsamsten Autos aus deutscher Produktion: Der mit 54,8 Prozent meistgekaufte 1,0-Liter-Motor mit 28 kW/40 PS verbrauchte nach DIN-Norm 5,6 Liter Normalbenzin bei konstant 90 km/h, 8,2 Liter bei 120 km/h und 7,9 Liter im Stadtverkehr. Seine Kunden ließ Ford an dem Jubiläum gerne teilhaben. Zum Preis von 10.715 DM offerierte man das reichhaltig ausgestattete Sondermodell mit dem treffenden Namen "Bravo".

Dass die „mot“-Leser den Fiesta zum vierten Mal in Folge zu ihrem „Auto der Vernunft“ gekürt hatten, fügte sich nahtlos in dessen tadelloses Jahreszeugnis ein. Zumal Ford auch in Sachen Kundenorientierung die Latte höhergelegt hatte: Als erster Automobilhersteller in Deutschland führt das Unternehmen 1981 den Garantieschutzbrief ein.

1982: Ritt der Amazonen

Dass sich die Ford-Motorsporthistorie keineswegs auf eine Monokultur lenkradbeißender Herrenfahrer beschränkte, hatten wir erwähnt. Eine erkleckliche Zahl speedlastiger Ladies konnte sich hier nämlich ebenfalls verewigen, und das nicht als sparverpackte Boxenluder. So hoben die Motorsportstrategen um Lothar Pinske Deutschlands zum Beispiel die erste Frauen-Rennserie aus der Taufe, den "Ford Ladies Cup ´82". Im Rahmenprogramm von Top-Acts wie der "Deutschen Automobil Rennsportmeisterschaft" DRM und der Tourenwagen-Europameisterschaft sollten die zwanzig ledige Amazonen zwischen 18-29 Jahren die Schnellste unter sich ausmachen. Das Sportgerät (das die Gesamtsiegerin der sechs Läufe als Gewinn behalten durfte): ein knapp 90 PS starker, rund 180 km/h schneller Fiesta XR2 in Race-Montur.

Um die Auswahl der 120 Kandidatinnen aus fast 1.400 Bewerbungen für den Sichtungslehrgang am Nürburgring rankten sich unterhaltsame Storys. Zu finden sind sie im Ford-Motorsportbuch "Momentaufnahmen", vorzüglich geschrieben und bebildert von den Branchen-Koryphäen Rainer Braun (Text) und Ferdi Kräling (Foto). Leseprobe aus dieser empfehlenswerten Lektüre: In die Rubrik Körpergröße trug eine Bewerberin 94-62-94 ein und schrieb in Klammern dahinter: (Das ist nicht meine Telefonnummer!) Eine ebenfalls beteiligte Vize-Miss Germany unterstrich die kurvenreiche Topografie ihres Körpers auf einem beigefügten Großfoto mit durchnässtem T-Shirt. Wahrscheinlich eine ausgewiesene Spezialistin für Regenrennen ...

Premierentag war der 4. Juni 1982, Ort der Handlung der Flugplatzkurs im niedersächsischen Wunstorf. Wie sich herausstellte, forderte die neue Rennserie auch "zwischenmenschlich" enormen Recherchebedarf; was dazu führte, dass plötzlich jederman(n) bei Ford etwas zu tun hatte. Zitat des Sportchefs Pinske aus besagtem Buch: „So viel Besuch hatten wir in den ganzen fünf Jahren bei der Rennsportmeisterschaft nicht.“ Ebenso glaubhaft wird berichtet, dass zumindest an Vorabend des ersten Rennens die Herzen der zwanzig Amazonen ungebrochen geblieben, trotz der einen oder anderen amourösen Offensivaktion. Was in erster Linie wohl ein Verdienst der Tourenwagenlegende Dieter Glemser war, dem argusäugigen Hüter der quirligen Damenriege.

„Echter“ Motorsport wurde schließlich auch geboten, nicht nur in Wunstorf. Auch bei den Folgeveranstaltungen sorgten die Mädels für Stimmung auf den Tribünen und lieferten darüber hinaus beachtliche Leistungen als Öffentlichkeitsarbeiterinnen ab, wie in "Momentaufnahmen" ebenfalls nachzulesen ist: Vor und nach Wunstorf bescherte der frisch installierte Ladies-Cup dem Unternehmen und dem Produkt Fiesta XR2 eine Pressekampagne, die von ihrer Wucht und Auflagenstärke her jede Neuwagenvorstellung übertraf.

1983: Im Palast der Republik in Ostberlin ...

... rockt Udo Lindenberg für den Frieden. Die Kult-Uhrenmarke Swatch und das weltweit erste Handy von Motorola werden geboren und das erste schwarze Loch außerhalb unserer Galaxie entdeckt. Wobei Letzteres nachweislich nicht die Ursache ist für das Verschwinden der ersten Fiesta Generation. Die hatte ganz einfach den Ende ihres Lebensszyklus erreicht und Mk2 ein reiches Erbe übergeben. Wie die Story weiterging, ist bekannt. Es wurde eine Erfolgsgeschichte, die jetzt, nach acht Modellgenerationen und über 15 Millionen gebauten Einheiten, leider endet. 

Smiley mit Kusshand, Kleiner!